SPD Wilmersdorf-Süd

#OffenesOhrFürDich

Bericht der Mitgliederversammlung am 6. Oktober 2015, 19.30 Uhr

Veröffentlicht am 09.10.2015 in Abteilung

Einziger TOP: Aktuelle Flüchtlingssituation

Nach einer kurzen Einführung zur Flüchtlingspolitik durch Holger Wuttig referierte in einer gemeinsamen Mitgliederversammlung der Abteilungen Halensee, Wilmersdorf-Südost und unserer Abteilung der Berliner Bundestagsabgeordnete Swen Schulz über die aktuelle Situation zur Flüchtlinspolitik auf der Bundesebene, bezog aber auch seine Berliner Erfahrungen als Spandauer Abgeordneter mit ein. Dabei verwies er eingangs darauf, dass die Flüchtlingssituation nicht neu sei, sich in den letzten Monaten aber sehr zugespitzt habe. Bereits im Januar 2015 habe er in einer Rede im Bundestag auf die Flüchtlingsproblematik hingewiesen und sie als nationale Angelegenheit beschrieben, die eine dringende Unterstützung für die Länder und Kommunen erfordere. Seitens der CDU wurde diese Auffassung zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht geteilt. Erst nach den Besuchen von Siegmar Gabriel und der Kanzlerin in Heidenau hat es bei der CDU in der Regierung einen Kurswechsel gegeben. Nunmehr hat die Koalition einen Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht, die neben positiven Aspekten allerdings auch einige Restriktionen enthalten.

Swen Schulz stellte diese Vereinbarung, die in den Bundestag eingebracht wurde, im einzelnen kurz vor:

  • Es werden zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt 6 Milliarden € für die Flüchtlingsbetreuung und -unterbrinung zur Verfügung gestellt, und zwar je 3 Milliarden für die Kommunen und den Bund. Davon sollen 500 Millionen für den sozialen Wohnungsbau sein. Berlin wird als Pauschale 200 Millionen € erhalten.
  • Die Zusammenarbeit in der EU und insbesondere mit den mittel- und osteuropäischen Staaten soll hinsichtlich der Aufnahme von Flüchtlingen verbessert werden. Dabei wies Swen Schulz kritisch darauf hin, dass das Dublin-Abkommen insbesondere Italien und Griechenland mit ihren EU-Außengrenzen besonders belastet, Deutschland mit seiner quasi Außengrenze Flughafen Frankfurt am Main war davon nahezu unberührt und hat daher die langjährige Tragödie im Mittelmeer eher am Fernseher mitbekommen.
  • Schaffung und Förderung internationaler Hilfen in den Herkunftsländern sowie Entwicklung von Regelungen für einen legalen Zuzug aus dem Westbalkan.

Noch in Teilen umstritten sind die beabsichtigten Änderungen durch die Asylverfahrenbeschleunigungsgesetze. Hier sind u.a. die folgenden Maßnahmen vorgesehen:

  • Verkürzung der Asylverfahren auch durch Festlegung weiterer sicherer Herkunftsländer auf dem Westbalkan.
  • Einschränkung von Leistungen und Gewährung von Sachleistungen statt Geldleistungen. Gerade diese Maßnahme wird von den Praktikern vor Ort wegen des hohen bürokratischen Aufwandes sehr kritisch gesehen.
  • Beschränkung der Arbeit der Härtefalkommissionen und
  • Abschiebungen ohne Vorankündigung.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird wohl das Gesamtpaket unterstützen, sieht aber auch, dass es gegenwärtig eine starke Debatte in der CDU gibt, die Gegenwind gegen die Bundeskanzlerin entfacht und insgesamt auch zu einem Machtkampf mit Seehofer und anderen führt. Swen Schulz kritisierte in diesem Zusammenhang auch die aktuellen Aussagen von Siegmar Gabriel und Thomas Oppermann als CSU light, verwies dann aber auch darauf, dass die Fragen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger aktiv auf- und ernstgenommen werden müssen, damit Pegida und andere die gesellschaftliche Stimmung nicht für sich in Anspruch nehmen können. Zugleich wandte er sich gegen die populistische Parole: “ Das Boot ist voll.“ Nach seiner Auffassung müssen die Fluchtursachen bekämpft werden. Dabei muss auch – ob es einem gefällt oder nicht – mit Putin und Erdogan gesprochen werden, ohne die es in der Region keine friedliche Lösung geben wird. Gerade die SPD muss tragfähige Antworten finden und an ihre internationalen Grundsätze anknüpfen. Es müssen „Schritte einer gerecten Weltordnug“ gegangen und eine gemeinsame europäische Haltung entwickelt werden. Es müssen aber auch die reichen arabischen Ölstaaten ins Boot geholt werden.

In einer anschließenden engagierten und sehr sachlichen Diskussion ging es u.a. um die Frage einer Zugangsbegrenzung, die das Grudgesetz nicht kennt und die auch von den Diskutanten mehrheitlich abgelehnt wurde. Zugleich wurde vor der Gefahr gewarnt, dass dieses Thema von den Rechten und insbesondere Pegida instrumentalisiert wird. Allerdings dürften auch nicht alle Gegner der jetzigen Flüchtlingspolitik als Rechte abgestempelt werden. Auf ihre Fragen und Sorgen muss eingegangen werden. Dabei wird das Thema als gesellschaftliche Aufgabe angesehen, wobei sich die Frage stellt, wer diese Aufgabe steuert. Zugleich wurde in der Diskussion auf die internationale und insbesondere europäische Dimension hingewiesen, die verdeutlicht, dass es nicht um ein deutsches Problem handelt, das von Deutschland allein gelöst werden kann. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Einwanderungsdebatte von der aktuellen Flüchtlings- und Asyldebatte getrennt geführt werden muss, wobei unstreitig ist, dass Deutschland dringend ein Einwanderungsgesetz braucht. Auch wurde die Frage eines europäischen Asylrechts thematisiert. Zur aktuellen Situation wurden insbesondere die unhaltbaren Zustände vor dem LaGeSo beklagt, die aber keinesfalls von den Beschäftigten zu verantworten sind. Es müssen die Organisation und die personelle Ausstattung verbessert sowie die bürokratischen Hürden abgebaut werden. Ein weiteres Problem ist, dass viele Freiwillige zwischenzeitlich Probleme mit ihren Arbeitgebern bekommen und daher ihre Aktivitäten einschränken müssen.

Abschießend wurde daran erinnert, dass bereits vor ca. 15 Jahren ein Fernsehfilm lief, der die Migration von Millionen Afrikanern nach Europa zeigte. Hätte man sich in Europa damit auseinander gesetzt, könnte auch die Bundesrepublik agieren und müsste nicht nur reagieren.

Im Anschluss an die Diskussion informierte der Vorsitzende der Abteilung Halensee, Christian Hochgrebe, über die praktische Arbeit von „Wilmersdorf hilft“ in der Rognitzstraße und im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf. Die Situation in der Rognitzstraße, in der eine private Flüchtlingsunterkunft betrieben wird, ist insgesamt unbefriedigend, zumal beim Betreiber eine ehrenamtliche Unterstützung auf Widerstand stößt. Insgesamt leben dort 250 bis 260 Flüchtlinge, darunter viele Kinder. Das ehemalige Rathaus Wilmersdorf ist als Notunterkunft Erstaufnahmelager, in dem gegenwärtig 750 bis 800 Flüchtlinge leben. Hier besteht ein großer Bedarf an ehrenamtlicher Hilfe.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD Fraktion in der BVV, Holger Wuttig, berichtete über die aktuelle Diskussion in der BVV und über die Kommunikationsprobleme zwischen der Hauptverwaltung und den Bezirken in Fragen der Flüchtingsunterbrinung.

Florian Doerstelmann und  Udo Rienaß

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