SPD Wilmersdorf-Süd

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Bericht der Öffentlichen Mitgliederversammlung am 5. April 2016

Veröffentlicht am 07.04.2016 in Abteilung

Einziger TOP: „Kultur – der unterschätzte Wirtschaftsfaktor“ Referent: Kulturstaatssekretär Tim Renner

Diese Mitgliederversammlung wurde im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Thementour im Kiez“ gemeinsam mit dem Verein Künstlerkolonie Berlin e.V. im Theater Jaro in der Schlangenbader Straße 30 veranstaltet. Deshalb gab zunächst der Vorsitzende des Vereins, Alwin Schütze, einen kurzen historischen Überblick über die Künstlerkolonie und freute sich über die Einladung unserer SPD Abteilung, der zahlreiche Mitglieder des Vereins gefolgt sind.

In seiner Einführung verwies Florian Dörstelmann darauf, dass es bereits seit einiger Zeit wieder einen engeren Kontakt zu der in unserem Abteilungsbereich gelegenen Künstlerkolonie gibt und sich daher gerade das Thema der Veranstaltung im Dialog mit dem Kulturstaatssekretär Tim Renner anbietet. Tim Renner war vor seinem Wechsel in die Kulturverwaltung Kulturmanager und zuletzt für den Weltkonzern Universal tätig. Allein schon deshalb ist er nach Auffassung von Florian Dörstelmann besonders prädestiniert, das genannte Thema zu bearbeiten.

Tim Renner wies in seiner Einführung darauf hin, dass es der ehemalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit war, der schon 2002 sehr frühzeitig erkannt hat, dass in Berlin die Kulturvielfalt einen besonderen Wirtschaftsfaktor darstellt und letztlich die Kultur als Wirtschaftsgut gesehen werden kann. Allerdings stand Berlin damals noch sehr im Schatten von New York, London und Paris, hatten diesen Schatten aber längst verlassen. Begünstigt wurde dies nach Auffassung von Tim Renner auch dadurch, dass Berlin schon vor dem Kriege eine Kulturhochburg war und sich dann nach dem Krieg zunächst sowohl in West-Berlin als auch in Ost-Berlin die Kultur jeweils als Leuchttürme beider Systeme weiterentwickelt hat. Nach der Vereinigung konnte dies dann zusammengeführt werden, sodass im heutigen Berlin eine bedeutsame Kulturlandschaft entstand. Hinzu kam, dass gerade in der Nachwendezeit viele Freiflächen und Gebäude  die kreative Kulturszene genutzt werden konnten. Auch das seit 2002 ständig steigende Wirtschaftswachstum in Berlin, das über dem Bundesdurchschnitt liegt, kommt der Kultur zugute.

Nach Aussage von Tim Renner arbeiten die Künstler für die Gesellschaft, dabei tragen sie aber auch indirekt für die wirtschaftliche Wertschöpfung bei; denn die kulturellen Veranstaltungen und Orte ziehen in Berlin auch in besonderer Weise Touristen an. Dennoch besteht die Kultur nicht nur aus den Leuchttürmen und den Großereignissen, die heute Millionengeschäfte sind, sondern gerade die Kultur im Kiez schafft die Grundlage für ein lebens-und liebenswertes Wohnumfeld. Die Kulturpolitik muss daher Gestaltungsmöglichkeiten schaffen, dazu gehören insbesondere Flächen, Räume und Zeit  für die Kultur.

Unter Verweis auf die Fehler von New York führte Tim Renner aus, dass eine Stadt wie Berlin sowohl große als auch kleine Kultur leisten muss, denn gerade auch aus kleiner Kunst kann schnell große Kunst werden. Berlin muss sich aber auch anstrengen. Bildende Künstler sind zum Beispiel sehr mobil und wechseln häufig ihre Aufenthaltsorte. So  sind viele Künstler in den letzten Jahren nach Sachsen oder Polen verzogen, kommen wegen der aktuellen politischen Situation jedoch wieder nach Berlin zurück.

Berlin hat insgesamt eine Kulturszene mit sehr großer  Vielfalt, die von den weltberühmten Philharmonikern  über die drei Opernhäusern, die großen Sprechtheater, die Museen hin zu den Film- und TV-Produktionen führt. Aber gerade die kleineren Theater und Bühnen leisten mit ihrem Engagement und ihrer Kreativität einen herausragenden Bildungs- und Kulturbeitrag und müssen unterstützt werden.  Berlin ist  heute nicht ohne Grund ein internationaler Treffpunkt der Kreativen in der darstellenden, bildenden und schreibenden Kunst.

In der Diskussion spielten dann diese Themen eine besondere Rolle. So standen sowohl Finanzzierungsfragen der Musikschulen als auch die Unterstützung von Tanz-, Kinder- und Jugendtheater im Mittelpunkt der Fragen. Aber auch die Frage nach der Bezahlbarkeit von Kultur wurde gestellt. Hier verwies Tim Renner darauf, dass das SPD Wahlprogramm wieder einen eintrittsfreien Museumstag fordert und sozialschwache Menschen über das Kulturleben und die Berlin Karte  entweder eintrittsfrei bzw. zu niedrigen Beträgen auch Theaterbesuche ermöglicht bekommen.

Die Zusammenarbeit mit den Hochschulen beschrieb Tim Renner als sehr gut und zur Kulturfinanzierung führte er aus, dass Berlin in diesem Jahr 550 Millionen Euro für die Kultur aufwendet, hinzu kommen noch 420 Millionen Euro vom Bund.

Beklagt wurde von einzelnen Teilnehmern, dass gerade kulturelle Ereignisse im Kiez durch Lärmschutzauflagen beeinträchtigt bzw. durch Klagen einzelne Anwohner verhindert werden. Dies gilt sowohl für Musikkneipen, Freiluftveranstaltungen, z.B. Weinbrunnen, aber auch Clubs. Hier sollte es Bestandsschutz geben, zumal gerade die Kleinkünstler  einen interkulturellen und integrativen Beitrag im Kiez leisten.

Die Mitglieder des Vereins Künstlerkolonie Berlin e.V., der Künstlerinnen und Künstler aller Kunstrichtungen beheimatet, haben diese Ausführungen von Tim Renner mit  großer Zustimmung aufgenommen. Für sie ist aber auch bedeutsam, dass bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Deshalb verfolgen sie mit Sorge die Mietentwicklung in der Künstlerkolonie, die in den Jahren 1927 bis 1930 als „Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger“ rund um den heutigen Ludwig-Barney-Platz in Wilmersdorf gegründet wurde und gerade vor dem Krieg zahlreichen berühmten Künstlern einen bezahlbaren Wohnraum bot. Tim Renner nahm diese Sorgen auf und will sich gemeinsam mit Florian Dörstelmann für eine sozialverträgliche Mietgestaltung in der Künstlerkolonie einsetzen.

Ebenfalls  beklagt wurde der jetzige Zustand des Ludwig-Barney-Platzes mit dem Gedenkstein für die im Dritten Reich politisch Verfolgten der Künstlerkolonie. Florian Dörstelmann und Constanze Röder als Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf  wollen sich bei den Verantwortlichen im Bezirk dafür einsetzen, dass der Ludwig-Barney-Platz wieder seiner geschichtlichen Bedeutung entsprechend gestaltet wird und sich  zu einem Erholungs- und Erinnerungsort in der Künstlerkolonie entwickeln kann. Die SPD Wilmersdorf-Süd wird dazu insgesamt den Kontakt zu den Menschen in der Künstlerkolonie intensivieren und dabei auch an die gemeinsame geschichtliche Vergangenheit anknüpfen.

Florian Dörstelmann und Alwin Schütze verabredeten, den Dialog fortzusetzen und Tim Renner wurde eingeladen, in einer weiteren Veranstaltung zum Thema „Film- und Medienstadt Berlin“ zu referieren.

 

Florian Dörstelmann und Udo Rienaß

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