SPD Wilmersdorf-Süd

#OffenesOhrFürDich

Protokoll der Mitgliederversammlung am 2. September 2014

Veröffentlicht am 10.09.2014 in Abteilung

„Mindestlohn und dann? Das Verhältnis der SPD zu den Gewerkschaften“

Referent: Rolf Wiegand, Vorsitzender des Verdi- Landesbezirksvorstandes Berlin- Brandenburg

Zu Beginn führte Rolf Wiegand kurz in die Historie der Debatte zum Mindestlohn in Deutschland ein und verwies auf die Unterstützung der Forderung zum Mindestlohn von 8,50 € von Seiten der Gewerkschaften. Dies erforderte allerdings auch auf der Gewerkschaftsseite einen längeren Diskussionsprozess, der letztlich aber erfolgreich war und durch ein einheitliches Auftreten der Gewerkschaften den Mindestlohn begrüßte.

Nach Schätzungen der Gewerkschaften sind in der Bundesrepublik ca. 5 Millionen Beschäftigte, darunter ca. 300.000 Beschäftigte in Berlin vom Mindestlohn betroffen. Derzeit erhalten ca. 20 % Beschäftigte  Lohn unter der Höhe des Mindestlohns, in Berlin sind dies ca. 25 %, insbesondere im Hotel- und Gaststättengewerbe.

Ziel für die Gewerkschaften ist jedoch die Bindung an Tarifverträge (mit geregelten Entgelten) und das Einbeziehen weiterer Branchen in die Tarifvertragsgestaltung. Erfreulich ist dabei festzustellen, dass durch die Diskussionen um den Mindestlohn deutliche Fortschritte erreicht werden konnten und eine positive Entwicklung eingetreten ist. So sind Bereiche wie Dachdecker, Gerüstbauer, Gebäudereiniger, Maler/Lackierer, Wäschereidienstleister in Tarifbindung gegangen und die Unternehmen der Branchen zahlen 8,50 € als Stundenlohn und auch mehr.

Allerdings  sind im Osten Deutschlands noch etliche Betriebe und Branchen außerhalb der Tarifbindung  und  machen durch Unterbietungskonkurrenz z.B. Druck auf kommunale Einrichtungen, indem sie im Wettbewerb zwar bei geregeltem Mindestlohn allerdings dann durch Arbeitszeitüberschreitung wieder die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschlechtern.

Allerdings sehen die Gewerkschaften beim Mindestlohn auch: Probleme mit den Ausnahmen: z.B. bei den Auszubildenden und den Langzeitarbeitslosen.

Kritisch setzte sich Rolf Wiegand mit dem Argument auseinander, dass durch  den Mindestlohn ein verstärkter Arbeitsplatzabbau eintreten würde. Studien aus England belegen dagegen, dass durch die Einführung eines Mindestlohns kein Arbeitsplatzabbau erfolgt. Vielmehr sind für einen Arbeitsplatzabbau  Wegzug bzw. Fortgang der Unternehmen aus der Region bzw.  dem Land ursächlich.

Ein besonderes Problem stellt das Friseur- Handwerk dar, in dem große Ketten aktiv sind und im Unterbietungswettbewerb zu einer Verdrängung im Markt beitragen. Hier ist feststellbar, dass dann viele Friseure in die Schwarzarbeit abwandern, wenn der Lohn nicht ausreicht

Ein weiteres Thema war die illegale Beschäftigung, die auch in Berlin ein großes Feld ist. Die genaue Anzahl der illegal Beschäftigten ist nicht bekannt; hier gibt es nur Schätzungen. Erforderlich sind umfassende Kontrollen der Beschäftigungsverhältnisse (Überprüfung der Zahlung des Mindestlohns und Überwachung der Arbeitsbedingungen). Nach Auffassung von Rolf Wiegand ist es jedoch fraglich, ob der Senat das erforderliche Geld dafür bereit stellt.

In der abschließenden Diskussion wurde erfreulich festgestellt, dass das Verhältnis von Gewerkschaften und SPD sich in der jüngsten Zeit doch deutlich verbessert hat. Insbesondere die Einführung der Rente mit 67 Jahren unter der Verantwortung von Müntefering hatte das Verhältnis getrübt. Allerdings hätten sich die Gewerkschaften bei  der Rentenänderung eine  andere Argumentation gewünscht, und zwar: wer 45 Beitragsjahre erfüllt hat, für denjenigen greift die Rente mit 67 nicht; wer die Beitragsjahre nicht erreicht, erhält staffelweise Rente mit 67 Jahren.

In der jetzigen Bundesregierung konnten dagegen schon sehr frühzeitig einige sozialpolitische Forderungen aus dem SPD- Wahlprogramm durch sozialdemokratische Ministerinnen und Minister umgesetzt werden.

Insgesamt war es eine sehr informative Mitgliederversammlung, die durch den kompetenten und engagierten Beitrag von Rolf Wiegand verdeutlichte, dass der vor Jahren entstandene Graben zwischen den Gewerkschaften und der SPD gerade durch die Entscheidungen dieses Jahres doch deutlich geringer geworden ist und in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Sozialdemokraten und Gewerkschaften an einer Seite stehen.

Florian Dörstelmann und Katrin Hagemann

Suchen

Instagram

Facebook

Mitglied werden

Florian Dörstelmann

 

Besucherzähler

Besucher:5
Heute:2
Online:2